Die Schrittmacher
Projects:
Antoine Rérolle ist Leiter Engineering bei Losinger Marazzi. (Bild: PD)
Dieser Artikel ist im Rahmen der NZZaS-Verlagsbeilage «Zukunft Bauen» erschienen. Inhalt realisiert durch NZZ Content Solutions in Kooperation mit Brand Relations. Hier geht es zu den NZZ-Richtlinien für Branded Content.
Ob Automobilindustrie, Raumfahrt oder Maschinenbau: Immer mehr Branchen haben ihre Planungs- und Realisierungsprozesse auf digitale Tools umgestellt. Sie erzielen so höchst verlässliche, qualitativ hochstehende Ergebnisse und können ihre Kosten senken. Besser, schneller, effizienter: Auch im Bausektor bleibt buchstäblich kein Stein auf dem anderen. Die Prozesse beim Zusammenspiel der einzelnen Gewerke verändern sich radikal. Eine Schlüsselfunktion kommt dabei dem Building Information Modelling (BIM) zu, eine IT-gestützte Methodik, die beispielhaft für den Paradigmenwechsel in der gesamten Bauindustrie steht. Und Losinger Marazzi gehört hier zu den Vorreitern.
Wie funktioniert dieses digitale Werkzeug? Im Grunde wird mit BIM zweimal gebaut: erst digital, und dann real. Bereits in der Planungsphase arbeiten alle Projektbeteiligten – Architekten, das Bau unternehmen, der Investor und möglichst sämtliche Dienstleister – an ein und demselben dreidimensionalen Gebäudemodell. Der Vorteil des «digitalen Zwillings»: Alle Beteiligten haben den gleichen Informationsstand, die Planung wird genauer, die Fehlerzahl sinkt, und die Kommunikation läuft schneller. Dar-über hinaus stellt das Modell wichtige Daten für einen effizienten Betrieb nach der Fertigstellung zur Verfügung.
Projekte digitalisieren
«Für uns ist das BIM eine grosse zentrale Datenbank für jedes Gebäude», erklärt Antoine Rérolle, Leiter Engineering bei Losinger Marazzi. Gearbeitet wird nicht mehr nacheinander, sondern simultan. «Besonders vorteilhaft sind die ständig aktualisierten Ansichten der Gebäudetechnik. Alle arbeiten stets am neuesten Stand des Projektfortschritts», so Rérolle. Und was haben die Kunden davon? «Sie können ihr Gebäude von Anfang an visuell verfolgen, sie profitieren von kürzeren Fristen und erhalten am Ende deutlich mehr Qualität.»
Das erste Projekt in der Schweiz, das Losinger Marazzi ab 2012 mit BIM realisiert hat, ist der Neubau des Spitals Limmattal in Schlieren ZH. Die Architekten entwickelten das Digitalmodell gemeinsam mit Losinger Marazzi. So wurden erste Grundlagen für die Arbeit mit BIM definiert und eine BIM-Strategie für das Unternehmen entwickelt. Das Ergebnis ist preisgekrönt: Losinger Marazzi wurde für das Pilotprojekt 2015 mit dem «BIM d’Or» in der Kategorie «International» ausgezeichnet. Besonders positiv bewertete die Jury das zentrale Datenmanagement und den permanenten Informationsfluss zwischen allen Projektbeteiligten.
Nach den ersten BIM-Gehversuchen folgten weitere Projekte wie das spiralförmige Gebäude VORTEX in Chavannes-près-Renens VD und Schönburg in Bern, bei denen die Erfahrungen des ers-ten Projekts konsolidiert und die Vorgehensweise standardisiert wurden. Sämtliche Pläne sind für alle Beteiligten in den Büros, aber auch auf den Baustellen je-derzeit in Echtzeit sichtbar. Das verbes-sert und beschleunigt die Kommunikation untereinander, macht Prozesse schlanker und minimiert das Fehlerrisiko.
Man erkannte zudem den Mehrwert, den die Digitalisierung der Daten in der Realisationsphase im Hinblick auf die Qualität leisten kann. Und bei aktuellen Projekten geht man noch einen Schritt weiter und verarbeitet die Daten zu einem einzigen Datencockpit, das beispielsweise auch die Logistik beinhaltet. Anlässlich der buildingSMART International Awards (bSI) wurden die Projekte VORTEX und Quai Vernets für die exemplarische Umsetzung des Open-BIM- Prinzips sowie die Anwendung von BIM in der Realisation ausgezeichnet.
«Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft sind heute Schlüsselfaktoren für neue Geschäftsmodelle.»
Heute wird bei Losinger Marazzi mit 35 Projekten die Hälfte aller laufenden Aufträge mit BIM realisiert. Das ent-spricht rund 70 Prozent des Umsatzes. Die BIM-Abteilung hat sich von drei Mit-arbeitenden im Jahr 2012 mittlerweile verzehnfacht.
Nach den Erfahrungen, die man in der Konzeptions- und Realisationsphase eines Projekts gesammelt hat, arbeitet man heute daran, dem Kunden ein mass-geschneidertes Datenpaket für den Be-trieb und Unterhalt (BIM4FM) zur Verfügung stellen zu können. Denn es geht um nichts weniger als die digitale Transformation der gesamten Bauwirtschaft. Das bedeutet mehr als nur Kooperation beim eigentlichen Bau, sondern dauerhafte Zusammenarbeit über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie hinweg. Denn an BIM, davon ist Antoine Rérolle überzeugt, kommt kein grosser Akteur der Baubranche mehr vorbei. Für Losinger Marazzi sei es «der Königsweg» in die Zukunft des Bauens.
Digitales Ökosystem
Nebst der Digitalisierung der Projekte steht die Entwicklung von Services und Dienstleistungen für den Endnutzer – mit Unterstützung der Digitalisierung – bei Losinger Marazzi im Zentrum. Denn die Digitalisierung eröffnet neue Perspektiven für das Kundenerlebnis. Seit mehreren Jahren liefert Losinger Marazzi den Grossteil ihrer Projekte mit einer App aus, die hauptsächlich der Kommunikation zwischen den Endnutzern dient. Ziel ist es, diese App zu einem digitalen Hub zu entwickeln, der den Bewohnern Dienstleistungen anbietet und die automatisierte Verwaltung von Infrastruktur und Material ermöglicht. «Als Immobilienentwicklerin ist es unser Ziel, so früh wie möglich die digitalen Innovationen, die den grössten Mehrwert für unsere Projekte, unsere Kunden und die künftigen Nutzer haben, zu identifizieren und mit den BIM-Daten in einem digitalen Ökosystem zusammenzuführen», sagt Rérolle. «So werden wir künftige Bedürfnisse noch besser antizipieren und neue Lebenswelten schaffen können, die den Anforderungen von morgen standhalten.»
Materialien wiederverwenden
Digitalisierung revolutioniert nicht nur den Bauprozess, den Betrieb und die Vermarktung neuer Gebäude. Sie leistet auch einen entscheidenden Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit in der Bauwirtschaft. Etwa wenn es um die Wiederverwendung werthaltiger Materialien geht. In der Schweiz werden jährlich immer-hin rund 40 Millionen Tonnen Beton verbaut. Das entspricht einem Gesamtgewicht von 4000 Eiffeltürmen. Die Rohstoffe für Beton stammen direkt aus der Natur: Kies und Sand – Materialien, die auch hierzulande immer knapper werden. Zugleich fallen gewaltige Men-gen an Bauabfällen an. Sie machen in der Schweiz mehr als 80 Prozent der insgesamt 80 bis 90 Millionen Tonnen Abfall pro Jahr aus. Was läge da näher als eine effizientere Nutzung der Ressourcen? Wie das geht, demonstriert Losinger Marazzi in Greencity in Zürich-Süd: Dort ist es bei den Wohnbauten gelungen, in der ersten Bauetappe 75 Prozent Recyclingbeton zu verwenden. Ziel mehr als erfüllt, denn die Vorgabe lag bei «nur» 50 Prozent.
Man kann auch alte Bauteile einfach zweimal verwenden. So hat Losinger Marazzi bei der Renovierung des AXA-Hauptsitzes an der Römerstrasse 17 in Winterthur – eines der ersten zertifizierten «2000-Watt-Areale in Transformation» – die bestehenden Wandschränke, Stützenverkleidungen, Marmorbodenplatten, Brandschutzelemente und Monoblöcke repariert, «aufpoliert» und wieder eingebaut. Dabei arbeitete man mit der Online-Plattform SALZA zusammen, die Liegenschaften vor dem Rückbau dokumentiert und nutzbare Bauteile für eine spätere Wiederverwendung erfasst.
Online-Bibliothek
Auch die Stiftung Madaster hilft, im Bau- und Immobiliensektor Altes wiederzuverwenden und Abfall zu vermeiden. Madaster erstellt Materialpässe, in denen alle ressourcenrelevanten Daten von Bauwerken und ihren Bauteilen inklusive der aktuellen Standorte aufgeführt sind und auf einer Online-Plattform zur Verfügung gestellt werden. Losinger Marazzi fördert dieses Engagement, ebenso wie Swiss Re, Raiffeisen, Eberhard, Swiss Prime Site, CRB und SBB. «Die Materialien von Gebäuden und Arealen werden auf diese Weise dokumentiert, was die Wiederverwertungsmöglichkeiten deutlich verbessert. Das grösste Potenzial liegt in der Planung und der Konstruktion für die Dekonstruktion», erklärt Pascal Bärtschi. Der CEO von Losinger Marazzi sieht sein Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit in der Pflicht. Daher engagiert man sich auch in der Forschung. Schliesslich versteht sich Losinger Marazzi als echter Pionier der Baubranche.
Zukunftslabor LACE
Wie nachhaltiges Wirtschaften in Form einer Kreislaufwirtschaft ökologisch sinnvoll und für Unternehmen gewinn-bringend sein kann, soll das inter- und transdisziplinäre Forschungsprojekt LACE – Laboratory for Applied Circular Economy praxisnah aufzeigen. Dazu arbeiten das Forschungsinstitut EMPA sowie die Universitäten Lausanne und St. Gallen zusammen mit verschiedenen Partnerunternehmen an Geschäftsmodell-Innovationen. Neben Nespresso und V-Zug ist Losinger Marazzi einer der Praxispartner dieses Projekts. «Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft sind heute die zentralen Treiber des Wandels der Bau- und Immobilienbranche und Schlüsselfaktoren für neue Geschäftsmodelle», ist CEO Pascal Bärtschi überzeugt. «Gemeinsam gestalten wir Lebenswelten für uns und die Generationen von morgen und wollen dabei unsere ökologische und gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen.»
Losinger Marazzi
Losinger Marazzi hat gemeinsam mit der Netzwerkinitiative SwissPropTech den Future Living Contest lanciert. Ziel ist es, innovative Start-ups aus dem In- und Ausland zu entdecken und zu fördern. Fünf Finalisten erhielten die Chance, eine prominent besetzte Jury von ihrer Innovation zu überzeugen. Gewonnen hat das Luzerner Start-up eCarUP, das eine Verwaltungsplattform für Elektroauto-Ladestationen entwickelt hat. Als Preis erhält eCarUP ein Pilotprojekt mit Losinger Marazzi.