Chance digitales Bauen nutzen
Movers & Shakers:
Leitartikel von Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung von economiesuisse, dem Dachverband der Schweizer Wirtschaft.
Dieser Artikel ist im Rahmen der NZZaS-Verlagsbeilage «Zukunft Bauen» erschienen. Inhalt realisiert durch NZZ Content Solutions in Kooperation mit Brand Relations. Hier geht es zu den NZZ-Richtlinien für Branded Content.
In Zeiten der Digitalisierung, der «fancy» Apps und der starken Ausrichtung der Schweizer Wirtschaft auf den Dienstleistungssektor mag man sich fragen, wie es um die Zukunft der Baubranche steht. Braucht es in den kommenden Jahrzehnten überhaupt noch Bauten aus Beton, Stahl und Holz? Wie wird die Zukunft des Wirtschaftszweigs aussehen?
Mit einer jährlichen Wertschöpfung von rund 35 Milliarden Franken ist die Schweizer Baubranche ein wirtschaftlich bedeutender Sektor. Zudem erstellt sie die für unser Land so wichtige Infrastruktur, und dies im internationalen Vergleich in einer ausserordentlich guten Qualität. Diese Infrastruktur – wenn auch in angepasster Form – wird die Schweiz weiterhin brauchen. Ebenso müssen nach wie vor Wohn- und Gewerbegebäude erstellt und renoviert werden. Die Baubranche ist aber auch einer jener Sektoren, der seit Anfang der 1990er-Jahre keine Steigerung der Produktivität aufweist. Neben der Margenschwäche hängt dies wohl damit zusammen, dass sie weniger stark von der Digitalisierung erfasst wurde als andere Wirtschaftszweige. Hier liegt noch viel Potenzial brach.
Wenn man genauer hinschaut, erkennt man, dass es in der Baubranche bereits viele spannende Innovationen mit grossem Veränderungspotenzial gibt. Ganze Häuser können mittels 3D-Druckern produziert werden, im Holzbau sind neue Formen möglich und innovative Baustoffe eröffnen interessante Perspektiven. In der Planung und Optimierung der Prozesse liegt wohl das grösste Potenzial zur Produktivitätssteigerung. Building Information Modelling (BIM) bietet hierzu spannende Möglichkeiten nicht nur in der Planung und der Bauausführung, sondern auch über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. In nächster Zeit werden diese und andere neuen Methoden immer flächendeckender zur Anwendung kommen und die Prozesse beim Bauen verändern.
«Alle Sektoren der Schweizer Wirtschaft müssen und können die Chancen der Digitalisierung packen.»
Verändern werden sich zudem die Berufsbilder und Geschäftsmodelle. So werden in Zukunft wahrscheinlich ebenfalls bei Bauten und Infrastrukturen immer mehr Dienstleistungen Einzug halten und die «Hardware» mit neuen Services verknüpft. Dies betrifft einerseits die Baufirmen selbst, die ihre Geschäftsmodelle anreichern können. Aber auch Immobilieninvestoren könnten sich überlegen, nicht mehr nur bauen zu lassen und zu vermieten, sondern die Bauten mit einem Dienstleistungsbündel zu verknüpfen. Dies hat natürlich Rückwirkungen auf die Art, wie ein Haus gebaut werden soll. Ein Vermieter könnte zum Beispiel dafür sorgen, dass immer genug Essensvorräte im Haus sind, dass bei Bedarf rasch Putz- oder Wartungsleistungen erbracht werden. Dies bedingt den Einbau von Sensoren, die dem Vermieter den Bedarf des Mieters melden, sowie weiterer Infrastrukturen, um einen solchen Service sicherzustellen. Es gilt also auch über den Tellerrand der eigenen Branche zu schauen. Darin liegt viel Innovationspotenzial.
Alle Sektoren der Schweizer Wirtschaft müssen und können die Chancen der Digitalisierung packen. Die Aufgabe von economiesuisse ist es, als Dachverband dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen optimal ausgestaltet sind. Dabei sind die Anforderungen in der digitalen Gegenwart und Zukunft gar nicht so viel anders als früher: Gute Rahmenbedingungen, die den Unternehmen möglichst grosse Freiheiten in einer funktionierenden und international vernetzten Marktwirtschaft lassen, sind der Innovation am dienlichsten. In Bezug auf die Digitalisierung ist eine spezifische, zentrale Forderung, dass die Basisinfrastruktur weiterentwickelt werden muss. So ist beispielsweise eine vollständige Netzabdeckung durch 5G unabdingbar. Ebenso müssen die digitalen Kompetenzen aufgebaut werden – und zwar nicht nur in der Wirtschaft, sondern in der gesamten Gesellschaft.
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Schweizer Wirtschaft und speziell auch die Bauwirtschaft eine Gewinnerin der digitalen Transformation sein wird. Ich bin mir sicher, dass sie die anstehenden Herausforderungen meistern und die vielen Chancen packen wird. Die Zukunft des Bauens verspricht spannend und vielfältig zu werden.